JUIST 2024 - DIE DÜNNE INSEL IN DER NORDSEE

Andrea | 11.10.2024 | | Germany
JUIST 2024 - DIE DÜNNE INSEL IN DER NORDSEE


Morgen früh gehts los in Richtung Nordwestdeutschland. Genauer gesagt nach Ostfriesland ganz oben links auf der Karte. Noch genauer gesagt auf eine Insel namens Juist. Die liegt zwischen dem bekannten Norderney und Borkum oder anders ausgedrückt zwischen der rauhen Nordsee, dem Wattenmeer und dem Festland. Für eine Woche. Der Weiterbericht ist leider für die nächsten beiden Wochen im Norden mehr als sehr gemischt. Wir hoffen natürlich auf möglichst wenig Regen.
Die Tour ist so eine Art Mini-Ersatz für die wegen doppelter Knieverletzungen in letzter Minute von uns gecancelte, 7wöchige und nun auf das Jahr 2025 verschobene Campermobil-Reise nach Norwegen. Matthias ist sage und schreibe das 28. Mal in seinem Leben hier, er hatte mit seinen Eltern und später solo während der Schul- und Studienzeit die Insel jeden Sommer/Herbst (und manchmal sogar zu Sylvester) unsicher gemacht. Für Andrea ist es erst das 2. Mal.

Für dienigen, die die Insel nicht kennen, nachfolgend ein paar wenige Infos über diese dünne, lange Insel: 17 km lang, maximal 900 m breit. Juist ist autofrei. Man kommt auf sie mit einer Fähre übers Watt oder mit einem kleinen Flugzeug. Juist ist eine Pferdeinsel. Sogar der Müll wird hier mit einer Kutsche abgeholt. Das Hufklappern ist allgegenwärtig. Juists Geschichte geht über 625 Jahre zurück. 1398 wurde die Insel nämlich das erste Mal urkundlich erwähnt. Der Name lehnt sich noch heute an das ostfriesische Wort für „karg“ an, obwohl das Eiland heute keinesfalls „karg“ zu nennen ist. Einst gehörte die Fläche des heutigen Juists auch zur Großinsel Burchana, die auch die heutigen Inseln Borkum und Norderney beheimatete. Auf Juist leben gerademal 1.542 Menschen. Auf ihr gab es im Laufe der Jahrhunderte insgesamt 7 Kirchen, von denen aber nur noch 2 heute stehen. Juist zerbrach einmal in zwei Teile – der Hammsersee ist als Zeuge noch heute erkennbar. Nun ist sie wieder zusammengesetzt. "Juist" - Das kurze Wort ist eigentlich ziemlich einfach auszusprechen, wenn man denn weiß, wie es geht. Es wird als "Jüst" ausgesprochen. Das "ü" nicht allzu lange in die Länge ziehen und das "st" nicht übermäßig betonen. Juist wird auch „Töwerland“ genannt - „Zauberland“- wohl aufgrund eines alten Seemannsliedes. Eine Freundschaft fürs Leben. Das Rauschen der Wellen im Ohr, das Hufklappern der Pferde, das Rufen der Möwen. Wenn du am Strand läufst, hast du das Gefühl, eine unendliche, unverbaute Weite vor dir zu haben. Endloser Strand, flankiert von idyllischen Dünen und der temperamentvollen Nordsee. Juist ist eng verbunden mit seiner Natur. Faszinierendes Wattenmeer, getrieben von den Gezeiten Ebbe und Flut, eine Insel im Rhythmus des Meeres. Einzigartig, natürlich, zauberhaft.

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Durchs flache Ostfriesland erreichen wir nach insgesamt mehr als 850 km Autofahrt die Mole von Norddeich an der Nordseeküste. Damit ist die Schiffsanlegestelle der Fähre nach Juist gemeint, die auch gleichzeitig noch Bahnhof und Großparkplatz ist. Auf der anderen Seite kommt man nach Norderney. Wir stellen unser Auto dort ab und sind erstaunt darüber, wieviele Menschen es zu dieser Zeit noch auf diese Insel zieht. Das Schiff ist voll. Nach 1 1/2 Stunden Fahrt kommen wir auf der Wattseite von Juist an und freuen uns über warme Sonnenstrahlen. Fahrräder, mengenweise Gepäckträger mit Bollerwagen und viele Pferdekutschen begrüßen uns. Wir laufen 10 Minuten zu Fuss zu unserem wunderschönen Hotel, das ganz oben auf den Dünen der Insel thront. Ganz in weiß mit einer runden Glaskuppel, einer verkleinerten Version vom Reichstagsgebäude in Berlin. Vor ein paar Jahren noch eine Bauruine, davor das Juister Kurhaus und noch davor ein edles Hotel (im Jahr 1889). Es ist so warm draußen, dass wir kurzer Hand beschließen, Shorts anzuziehen und barfuß einen ersten Strandspaziergang zu machen. Die Flut kommt gerade und wir patschen mit unseren nackten Füßen durchs auflaufende Wasser, das sich trotz seiner nur 17 Grad plötzlich gar nicht mehr so kalt anfühlt. Außerdem ist es echt angenehm so. Der Juister Sand ist superfein, Steine gibt es Null. Alles in Allem auch extrem gesund. Viele Leute sind hier unterwegs am 17 km langen Nordseestrand. Die Luft ist ein Traum, kein Wind. Fast unglaublich! Kaum gedacht, gesagt, geschrieben erscheinen dicke dunkle Wolken am Himmel und wir suchen mehr schlecht als recht Schutz in einer kleinen Strandbar. Ein Jever Pils muss nun her. Das tut ja so gut. Es klart wieder auf, die Sonne kommt heraus und wir walken zurück zu unserem weißen Hotel. Mit nun langen Hosen bekleidet finden wir ein kleines nettes Fischrestaurant und genießen Seelachs im Biermantel und Rotbarsch mit Bratkartoffeln und Aioli. Der Abend endet bei einem Glas Whisky auf unserer Zimmerterrasse hoch oben über den Dünen mit Blick auf die rauschenden Nordseewellen.

Die Insel kann man tatsächlich nur in zwei Richtungen mit dem Fahrrad erkunden: Es geht nach Osten oder nach Westen. Wir haben uns heute entschieden, den Westen zu wählen. Das westliche Ende von Juist nennt man Domäne Bill so wie der Name Bill. Wer diese Insel nicht kennt, fragt sich bestimmt, wie kommt man da jetzt hin? Das ist ganz einfach, denn es gibt tatsächlich nur einen einzigen gepflasterten Weg. Unterwegs trifft man jede Menge Pferdekutschen, eine von Pferden gezogene Müllabfuhr, Inselgäste jeden Alters auf mehr oder weniger stabilen Fahrrädern. Apropos Fahrräder: Wir haben gut eine Stunde gebraucht, um zwei halbwegs funktionsfähige E-Bikes zu mieten, die nicht gleich bei dem ersten Pedaltritt auseinanderfallen. Wie stabil und schön sind doch unsere eigenen Fahrräder zu Hause! Wir brauchen für die knapp 10 km nicht lange und müssen kurz vorm Ende die Fahrräder abstellen. Am Billriff bzw. an der Bill lassen sich die ungezügelten Naturgewalten beobachten. Hier trifft das Wattenmeer auf die Nordsee. Bei ablaufendem Wasser wirkt das Billriff deswegen wie eine gigantische Sandwüste. Da die Bill aus mehreren Sandbänken und Prielen besteht, können die Sandbänke bei auflaufendem Wasser schnell überflutet werden. Das Riff gehört zur Ruhezone des Wattenmeers und darf deswegen nur eingeschränkt betreten werden – auch weil es der Lebensraum für viele Seehunde ist. Der Name kommt übrigens ursprünglich vom friesischen Wort „Bille“. Das bedeutet so viel wie „Gesäßbacke“ und ist auf die runde Form der Sandbank auf Juist zurückzuführen. Am Inselende liegt der ursprüngliche Bauernhof „Domäne Bill“, der ebenfalls zum Billriff gehört. Dieser ist seit Jahrzehnten bereits wegen seiner Hausmannskost ein beliebtes Ausflugsziel und liegt ganz in der Nähe des Billriffs. Ein Zwischenstopp ist hier unbedingt zu empfehlen. Das haben wir natürlich auch getan. Lecker selbstgekochter Milchreis mit Zimt und Zucker draußen in der Sonne futtern. Einfach göttlich! Eigentlich fehlte nur noch die flüssige Butter nach Mutters altem Rezept. Sollten wir noch einmal hierher kommen, gibts eine riesige Scheibe frisches, dickes Stutenbrot mit noch dickerer Butter drauf und schmackhafte Vollmilch dazu. Stutenbrot ist übrigens eine Art Hefeweissbrot mit Rosinen drin. Am Nachmittag dann der lange, obligatorische Strandlauf mit einigen ausgedehnten Ruhepausen in der wärmenden Sonne in einem Strandkorb. Um 18 Uhr gehts dann ab ins Hafenrestaurant, um - wen wunderts - leckeren Fisch zu essen. Plus ein Köpi dazu natürlich.
 


Leider kommt einen Tag darauf (ausnahmsweise) jede Menge Wind (zwischen 80 und 110 km/ bzw. Windstärke 10 - 11 !!!) und so richtig Regen auf, so dass zu unserem Bedauern die geplante und geführte Wattwanderung am Nachmittag nicht stattfindet. Wahrscheinlich wären wir ansonsten in Richtung Norderney mit dem Sturm davon geflogen….. So holen wir uns also die nachfolgenden Watt-Infos aus der Juister Webseite und berichten von unserer Wanderung quasi virtuell, damit Du auch davon erfährst.

Wer mit dem Schiff nach Juist kommt, wird sich vielleicht beim Blick auf den Fahrplan gewundert haben, daß die Fähre zu so unregelmäßigen Zeiten fährt. Manchmal besteht die Fährverbindung zweimal am Tag, oft nur einmal und immer zu anderen Zeiten. Wer im Hafen von Juist angelangt ist, mag den Grund für diese Unregelmäßigkeit erfahren haben: Juist ist eine tideabhängige Insel und mit dem Schiff nur bei Hochwasser erreichbar. Der Ablauf der von den Mondphasen abhängigen Gezeiten bestimmt den Fahrplan. Die Fahrrinne zwischen Norddeich und Juist wird zweimal täglich unter Wasser gesetzt. Bei Ebbe liegt die Fläche zwischen Festland und Insel bis auf wenige Stellen trocken, und zu bestimmten Zeiten bietet sich die Möglichkeit, hier im Watt unter fachkundiger Führung zu wandern.

Wenn man auch geneigt ist, von dem Begriff "Watt" auf "waten", d.h. gehen, zu schließen, so sollte der Anblick des Wattenmeeres allerdings nicht dazu verführen, die Distanz von 13 km zwischen der Insel und der Küste zu Fuß zu gehen. Bei klarer Sicht scheint Norddeich zum Greifen nahe, und die Kilometerzahl mag trainierte Wanderer nicht abschrecken, doch das Wattenmeer ist nicht so einfach zu durchqueren. Für die Ortsunkundigen stellen Priele, Wassergräben, Schlickbänke, Seenebel bei und schnelle Überflutung des Watts Gefahren dar, die nicht unterschätzt werden sollten. Das haben schon manche probiert und mussten dann gerettet werden (oder sind einfach auf Nimmerwiedersehen verschwunden). Nachdem man den schützenden Deich überquert hat, zieht man sich Schuhe aus und deponiert sie im am Rand der sog. Salzwiesen. Im Laufe der Zeit vergrößerten diese Schlickablagerungen die Südseite der Insel. Bei Sturmfluten bricht dieses Gebiet die Kraft der herannahenden Wellen und schützt so zusätzlich den Deich.

Dort, wo die Wiesen enden, liegt das eigentliche Wattenmeer. Sofort fallen die kleinen, dicht nebeneinanderliegenden Sandkegel mit einer Höhe von bis zu 5 cm auf. Unter jedem Häufchen versteckt sich ein Köderwurm, auch als Sandpier bekannt. Wer genau hinsieht, entdeckt neben jedem Kegel einen kleinen Trichter, in dem der Wurm seine Nahrung sammelt Sand, angereichert durch lebende und tote organische Substanzen. Weitere dichte Kolonien werden von dem Bäumchenröhrenwurm gebildet, der seinen aus Sand, Kieskörnern und Muschelbruchstücken bestehenden Wohngang mit Schleim, der sich verhärtet, befestigt. Diese stabile Röhre läuft oberhalb des Wattenbodens in einer Fransenkrone aus. Plötzlich entdeckt man ein Torfstück, in dem Reste von Schilfblättern aus der Frühgeschichte des ehemaligen Landgebietes, das wir heute als Watt kennen, enthalten sind. Es stammt von der vor Jahrtausenden in der südlichen Nordsee untergegangenen moorigen Landoberfläche, und Stücke davon lassen sich im Watt oder am Sandstrand zahlreich finden.

Die Küste unterliegt einem ständigen Wandel, der sich oft unbemerkt vollzieht. Gelegentlich sind es aber auch gewaltige Einbrüche, die eine Änderung bewirken. In der kleinen Juister Kirche ist davon Zeugnis abgelegt: "Vor 1.100 Jahren waren die Inseln Juist, Norderney und Borkum noch eine einzige Insel und ihr Name war Bant. Sankt Ludgerus verkündete hier schon im 8. Jhd. das Evangelium".

Das Torfstück ist nicht nur ein historisches Dokument: Hier versteckt sich Leben, Zwei kleine Seesterne nutzen es wie auch die noch kleineren amerikanischen Bohrmuscheln, auch Engelsflügel genannt, als Schlupfwinkel. Den Seesternchen ist es nicht anzusehen, daß sie sich zu gefräßigen Räubern in der Größe bis zu 30 cm entwickeln werden. Ihre Fortbewegung erfolgt nach einem raffinierten Prinzip. Die auf der Unterseite der Arme befindlichen Saugfüße können durch Muskeldruck verlängert oder verkürzt werden, wodurch sie sich entweder über den Meeresboden fortbewegen oder daran festsaugen. Aber wehe der Muschel, die in den Griff dieser Saugfüße gerät. Während sich drei der fünf Seesternarme am Boden festhalten, heften sich die Saugfüße der beiden anderen Arme an den Muschelschalen fest. Diesem konstanten Sog kann die Muschel auf Dauer nicht widerstehen. Ist die Muschel geöffnet, stülpt der Räuber seinen Magen, der teleskopartig ausgefahren wird, über die freiliegenden Weichteile der Muschel. Man wird aufgeklärt, dass wir eigentlich Garnelen essen, während die meisten glauben, "Krabben" zu speisen. Zu finden sind diese blitzschnellen Schwimmer in den Prielen und flachen Küstengewässern des Wattenmeeres, wo sie sich auch eingraben können. Die "Strandkrabbe", die bis zu 8 cm groß werden kann, erkennt man an ihren kräftigen Scheren. Als Krustentier schwimmt sie nur schlecht, läuft aber als Angehörige der Familie der Krebse um so schneller.

Zur Familie der Krebse zählen auch die unbeweglichen Seepocken, deren Kalkgehäuse Miesmuscheln und Holzstücke zieren. Die kleinen Sandhüpfer oder Flohkrebse sind nicht größer als ein Reiskorn. Der bis zu 10 cm große Einsiedlerkrebs nutzt leere Schneckenhäuser zum Schutz seines ungepanzerten Hinterleibs. Eine weitere Art, die eigentlich eher das Süßwasser bevölkert, kommt zur Fortpflanzung in das Brackwasser der Flußmündungen und an die Küste: Die Wollhandkrabbe, die heute eher selten ist. Wegen der Schäden, die sie in den Netzen und an den Uferbauten anrichtete, wurde sie wieder in ihre Heimat China, aus der sie um 1910 eingeschleppt worden war, zurückgewünscht. Die hohe Verschmutzung der Flüsse, ihrem ursprünglichen Lebensraum, erfüllte diese Verwünschung, indem sie das fast vollständige Aussterben verursachte. Die Bewohner des Wattenmeeres bilden wahrhaftig keine Friedensgemeinschaft. Der Größere frißt den Kleineren: Einer lebt durch den Tod des anderen. Bei Ebbe ist das Watt ein reich gedeckter Tisch für die vielen Seevögel: Silbermöven, Austernfischer und Seeschwalben bedienen sich.

Auch Regen, der auf das Watt niedergeht, kann für einen Großteil des hier lebenden und an Salzwasser gewöhnten Planktons den sicheren Tod bedeuten. Doch die nächste Flut bringt neues Leben mit sich: In einem Kubikzentimeter Wasser leben bis zu 2.000 verschiedene Mikro-Pflanzen und Plankton, Nahrung für kleinere Tiere, die wiederum den größeren als solche dienen. Nächster Meilenstein der Wanderung bildet eine Miesmuschelansammlung. Hunderte bis zu Tausenden dieser Muscheln leben auf einem Quadratmeter, und eine von ihnen kann bis zu 41 Liter Wasser je Stunde filtern. Diese Eigenschaft macht Muscheln zur Kläranlage des Meeres. Sie ernähren sich von Schwebestoffen, die sie dem Wasser entziehen.

Im Wattboden vergräbt sich dagegen die Sandklaffmuschel bis zu 40 cm Tiefe. Sie kann ein Alter von 15 bis zu 20 Jahren und die Größe einer erwachsenen menschlichen Hand erreichen. Nur das Kennerauge findet sie in ihrem Versteck. Das ungeübte Auge erkennt kein Zeichen ihrer Existenz. Leichter auszugraben sind die überraschend beweglichen Herzmuscheln, die in nur geringer Tiefe unter der Wattoberfläche ganze Beete bilden. Minutenschnell graben sich die ausgebuddelten Exemplare auch wieder ein. Nach zwei Stunden ist die Wanderung übers Watt zu Ende. Superinteressant, man kann jede Menge Neues lernen. Auch wenn wir sie dieses Mal garnicht wirklich mitgemacht haben.
 


Am nächsten Tag probieren wir etwas für uns noch Unbekanntes aus: Geocaching. Und das hier auf Juist. Mal sehen, wie das so wird! Mit dem Smartphone oder einem GPS-Gerät in der Natur versteckte Schätze finden: Das ist Geocaching. Dabei ist diese Schatzsuche mithilfe elektronischer Geräte weit mehr als ein Kinderspiel. Längst gibt es weltweit eine Fangemeinde, die - unabhängig vom Alter - immer neue Verstecke kreiert. Die Sprache der Geocacher ist international, fast alle Begriffe rund um das Suchspiel stammen aus dem Englischen. Weltweit sind über 3 Millionen Geocaches in nahezu jedem Land der Erde versteckt. Selbst im Weltraum, auf der Internationalen Raumstation, gibt es einen Geocache. Ziel des Geocachings ist es, in unbekanntem Gelände ein Versteck aufzuspüren. Dort liegt ein "Cache", meist ein kleiner Behälter mit einem Logbuch und häufig auch einem kleinen Geschenk darin. Geocaches gibt es in allen Formen und Größen. Einige werden kleine Tupperwarebehälter sein, andere Mikrobehälter von der Größe eines Kieselsteins. Oft ist es eine Dose im Wald. Geocaches können aber auch als Steine, Äste, Vogelhäuser, oder andere Alltagsgegenstände getarnt sein. Wer mag, trägt sich in das Logbuch ein und nimmt das Präsent als Andenken mit. Unter Geocachern ist es Ehrensache, ein anderes Geschenk dafür zu hinterlassen. Am häufigsten sind traditionelle Geocaches oder "Traditionals". Sie bestehen aus nur einer Station. Bei "Multis" befinden sich an der ersten Station Hinweise auf einen oder mehrere weitere Stationen. Bei einem Rätsel- oder Mystery-Cache muss ein Rätsel gelöst werden, bevor der eigentliche Cache gefunden werden kann. Beliebt sind auch Nachtcaches, bei denen man mit Taschenlampen mit Reflektoren markierten Strecken folgt und "Lost Places", die für verlassene Gebäude oder Orte stehen, finden muss. Wir haben tatsächlich Geocaches hier auf der Insel gefunden. Gut versteckt waren sie. Und knifflig war es. Es hat total viel Spass gemacht. Wir haben jetzt zwar Plattfüsse, aber der Test ist bestanden. Es gibt ja zum Glück noch weitere drei Tage hier auf Juist, an denen wir nochmal auf Schatzsuche gehen können. Und wir werden das bestimmt an anderer Stelle auf diesem Planeten ebenfalls wiederholen.

Nun noch zu etwas sehr Nostalgischem: Die Inselbahn von Juist. Sie war eine eingleisige und nicht elektrifizierte Bahnstrecke auf Juist. Sie war die erste motorbetriebene Inselbahn Deutschlands. Im Juni 1899 nahm die erste kleine grüne Lokomotive hier ihren Dienst auf. Sie zog mit einer Leistung von 12 PS die bisherigen drei Pferdebahn- und zwei Gepäckwagen sowie zwei neue Personenwagen. Untergestellt wurden die Fahrzeuge in der zu diesem Zweck errichteten Schwarzen Bude.

1902 wurde die zweite Lok, Adolf, angeschafft. Sie hatte 24 PS. 1913 kamen die Lok Hermann und mehrere Wagen dazu, 1925 die Lok Paul und ein Jahr später zwei neue Personenwagen. Im gleichen Jahr wurde Carl in Dienst gestellt, erst 1952 folgte die Lok Heinrich.

Die Juister Inselbahn existierte nur 84 Jahre lang. Der ursprünglich angedachte Pferdebahnbetrieb scheiterte nach nur wenigen Betriebsmonaten, da ein Herbststurm die fragile Landungsbrücke mitsamt der Gleisanlagen schwer beschädigte. Dafür wurde diese Bahn aber kurz darauf Vorreiter im Betrieb der ersten Vergasermotoren und war dadurch schon in frühen Jahren sehr fortschrittlich. Die äußerst schlechte Erreichbarkeit der Insel Juist war damals aber ein Problem: Die langgezogene Holzpfahlstrecke im Wattenmeer war über Jahrzehnte ein deutliches Indiz dafür. Letztlich trugen die hohen Kosten für die Erhaltung der aufgeständerten Strecke zu der Stillegung im Jahre 1982 bei, nachdem ein ortsnaher Hafen gebaut und eine neue Fahrrinne ausgebaggert wurde. Carl, Heinrich und Paul hatten jahrelang brav die Insel mit Gütern versorgt und auch zigtausende Gäste und Besucher auf die Insel gebracht.

Ankommen auf Juist war für Matthias in den 70er und 80er Jahren wie ein Daheim und daher wie eine zweite Heimat. Nach dem langwierigen Beladen der Gepäckwagen der Inselbahn am Anleger und dem anschließenden mühsamen Absolvieren der Pfahlstrecke - das Gleis war gerademal 1.000 mm breit !!! - von 1,5 km über dem Watt-Wasser ging es dann langsam tuckernd auf die Insel, um am Inselbahnhof mit Rufen "oh wie blaaas“ oder "Hut ab!" von der johlenden Menge (Freunde, Bekannte, Vermieter) empfangen zu werden. Tradition war ein Strauß Strandflieder, den man frisch und lila blühend auf den Wattenwiesen noch schnell selber mit den Fahrrad geschnitten hatte. Jahrelanger Brauch war es aber auch, bei jeder Ankunft und Abfahrt der Inselbahn auf dem Deich zu stehen und mit einem großen weißen Betttuch oder Handtuch winkend die Neuankömmlinge zu begrüßen bzw. zu verabschieden. Das war jedes Mal ein Grossereignis auf den Deichwiesen und am Bahnof, an dem man noch in den 70er Jahren kleine Bahnsteigkarten aus Pappe kaufen musste. Heute kennt diese Tradiion so gut wir niemand mehr. Dabei war das sooo schön!

Carl hat 2014 übrigens eine neue Bestimmung auf dem Festland gefunden. Lok Heinrich befindet sich seit 2010 in einem französischen Eisenbahnmuseum. Und was aus Paul geworden ist, wissen wir nicht. Noch heute kann man die ehemalige Spur der Gleise im Wattenmeer erkennen.

Am vorletzten Tag weckt uns die Sonne bei fast 20 Grad. Blauer Himmel und nur lauer Wind. Wir machen in kurzer Hose einen Strandspaziergang auf der vorgelagerten Sandbank bei Ebbe und genießen die wirklich traumhafte Nordseeluft. Andrea versucht, Drohnenvideos zu machen, aber das geht nicht. Der Juister Miniflugplatz ist in der Nähe und wir wollen die Inselrundflug-Cessnas ja nicht zum Absturz bringen. Am Nachmittag gehen wir noch einmal auf eine ausgedehnte Dünen-Fototour. Abends ein letztes leckeres Fischmahl im Hafenrestaurant. Mal sehen, ob Rotbarsch, Scholle oder Matjes mit Bratkartoffeln. Plus ein frisch gezapftes Köpi oder Jever. Dann einmal Schlafen, frühstücken und ab zur Fähre zurück nach Norddeich. Von dort gegen Mittag dann mit dem Auto wieder nach Hause.

Wir verabschieden uns von der schönen Insel mit etwas traurigem Herzen.
 


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