SO EIN KÄSE ! UND GANZ UND GARNICHT GRIECHISCH

| 23.06.2019 | |
SO EIN KÄSE ! UND GANZ UND GARNICHT GRIECHISCH

Heute besuchen wir im Rahmen unserer Spicy Artworks-Reihe von Fotoreportagen im Oberschwäbischen die 28jährige Simone Lederer in Horgenzell, besser gesagt in Gossetsweiler, einem sehr kleinen Dorf nahe Ravensburg. Dieser Blogbeitrag gehört zu einer Art Berichterstattung, in der  wir ein kleines, regionales Unternehmen aus dem Bodenseekreis oder auch im weiteren Umfeld der Republik präsentieren, das ein besonderes Flair besitzt, sich außergewöhnliche Ziele gesetzt hat, seltene Produkte oder Angebote bietet und mit viel Liebe und Leidenschaft arbeitet. Mit Hilfe dieses Featurings soll von unserer Seite ein bescheidener Beitrag zur Unterstützung dieses Betriebes geleistet werden, damit er noch ein wenig bekannter wird als er es bereits schon ist. Und gleichzeitig wollen wir behilflich sein, dass diese außergewöhnlichen Kleinunternehmen auch weiterhin nachhaltig auf dem Wettbewerbsmarkt überleben können. Das "ganz Besondere" soll dabei jedoch im Vordergrund stehen. Und heute haben wir genau das wieder einmal gefunden.

 

Feta darf sie ihn nicht nennen. Denn dieser Name ist nur dem Schafskäse aus Griechenland vorbehalten. Da der Begriff Feta nicht mehr auf Erzeugnisse anderer Regionen als der ursprünglichen oder für Salzlakenkäse aus beliebiger Milch angewendet werden darf, werden heutzutage Verpackungen mit griechisch-anmutenden Namen oder Illustrationen versehen. Auch werden gerne Ersatznamen erfunden, die imageträchtiger erscheinen als der richtige Begriff Salzlakenkäse. Solche Umgehungskonstrukte sind z.B. Käse (Feta-Art), Pheta, Balkankäse, Hirtenkäse, Käse nach Balkanart, Weißer Käse, Hetaxkäse, Schipkakäse. Schrecklich eigentlich! Bei Simone Lederer dann also ein anderer Name: Eben echter Schafskäse. Von "OIFACH KÄSIG". So heißt ihr Label auch zusätzlich noch "KÄSE & CO. VOM SCHAF". Das hört sich ja auch viel besser an. Passt auch saugut in die Landschaft, oder?!

 

Da steht sie dann plötzlich vor uns: Gelernte Landwirtin, Käserin, Schafesbesitzerin, waschechte Oberschwäbin, geflochtene Haare, Kopftuch, Jeans, weißer Kittel, Arbeitshose und Schuhe in Käsefarbe. Sie lächelt uns an und fängt an zu sprechen. Und wir lernen plötzlich noch mehr von dieser oberschwäbischen Sprache und deren Spezialausdrücke. Simone sagt übrigens "Viecher" zu ihren Schafen, die wir später noch hautnah besuchen werden. Sie ist nun im dritten Jahr ihres wahrgewordenen Traums, eigene Schafe zu besitzen und aus ihrer Milch frischen Schafskäse und Joghurt herzustellen. Sie produziert Käse aus der Region für die Region und macht tatsächlich alles selbst, hören wir. Teilzeit arbeitet sie auch noch im Ravensburger Landratsamt.

 

Zunächst führt sie uns auf dem Hof ihrer Eltern in ihre im Jahr 2017 neugebaute Käserei in zwei Räume, in denen es immer schön kühl ist. Alles ist super sauber dort und ordentlich. Zwei riesige Kühlschränke im Vorraum. Ein 300-Liter-Käsekessel aus Edelstahl im nächsten Raum dahinter. Die Chefin von "Oifach käsig" zeigt uns, wie sie ihren leckeren Schafskäse selbst herstellt und anschließend liebevoll in kleine 100 gr-Gläschen füllt und mit Etikett zuzüglich darauf befindlichem eigenen Logo beklebt. Das Schafslogo - in schwarzweiß gezeichnet - erinnert uns ein wenig an "Shaun, das Schaf" und sieht schnuckelig aus.

 

Zum fertigen (Schafs)Frischkäse kommen ausgewählte Wildkräuter (!!), Chilis oder auch Knoblauch fein gemahlen hinzu und ein wenig Salz. Umgerührt und fertig. Endlich im Glas wird unten am Boden und oben drauf noch ein wenig gesundes Rapsöl zwecks Konservierung gegeben. Deckel zu. Plus Etikett. Ab in den Kühlschrank. Den Frischkäse gibt es derzeit in vier verschiedenen Geschmacksrichtungen auf Märkten und in ausgewählten Geschäften rund um Ravensburg zu erwerben: In Natur, mit Chili, Knoblauch oder Kräutern. Und als Ergänzung dazu einen Schafskäse, gewürfelt, in Öl eingelegt in drei Geschmacksvarianten (Kräuter, Kräuter und Chili, Chili).

 

Auf die Frage, was denn der besondere Unterschied zwischen ihrem Schafskäse und bekannten Produkten aus den Verkaufsregalen großer Unternehmen sei, die mehrheitlich aus Kuh- (und manchmal auch aus Ziegen)milch hergestellt und trotzdem "Schafskäse" genannt werden dürfen, antwortet sie mit sicherer Stimme: "Meine schonend pasteurisierte Schafsmilch besteht aus 100 % Schafsmilch und ist aufgrund ihres wesentlich höheren Fett- und Eiweißgehalts viel besser verdaulich und hat eine andere Laktosezusammensetzung wie bei Kuhmilch. Deshalb vertragen teilweise Laktoseintolerante Menschen Schafsmilchprodukte besser.. Außerdem hat sie einen sehr hohen Anteil an Vitaminen (D, B1, B2, B12 und B13) und Mineralstoffen. Und ich gebe keine zusätzlichen Geschmacks- und Konservierungsstoffe oder künstliche Aromen dazu. Die Schafsmilch ist im Gegensatz zur Ziegenmilch fast neutral im Geschmack,  aber eben in ihrer Zusammensetzung einzigartig. Also keine Angst bitte wegen des Fettes! Die Milch von Schafen ist bestimmt keine Medizin, aber es gibt viele Hinweise aus der Ernährungsphysiologie, die den Wert dieser Milch für eine gesundheitsbewusste Ernährung dokumentieren. Nicht umsonst haben die Menschen in Regionen Südeuropas mit hohem Konsum von Schafsmilchprodukten überdurchschnittlich hohe Lebenserwartungen." Das überzeugt uns nun aber restlos! Die leicht gelbliche Farbe kommt übrigens vom Karotin, das sich im Futter befindet, welches die Schafe zu fressen bekommen.

 

 

Mit ruhiger Hand schneidet sie mit einem scharfkantigen Schöpflöffel in einem großen Edelstahltopf die mittags aufgesetzte sog. "Gallerte" in immer kleinere Würfel-Stückchen, den "Bruch". Sie sieht ein bißchen aus wie gelblich-weißer Wackelpudding. Sehr zart und zerbrechlich, leicht wie eine Feder so scheint es. Vor diesem Arbeitsgang kommen in die frische Milch noch gefriergetrocknete Milchsäurebakterien, die sich dann wie wild vermehren. Plus reines natürliches sog. "Lab", ein Enzym aus Kälbermägen, das die Milch schließlich zur Gerinnung bringt. Simone schöpft derweil immer mehr Flüssigkeit, die Molke, ab. Sie hat immerhin einen Anteil von 60 % der Gesamtmenge in diesem Topf. Die Gallerte wird nun von ihr in ein mit Laken ausgelegtes Sieb verschöpft. Übrig bleibt der jetzt schon etwas "dicker" aussehende Schafskäse. Der Schafskäse wird per Gießbecher in kleine, quadratische käfigartige Formen mit großen Löchern an der Unterseite gegossen, die in einem großen Gefäß quasi aufgehängt sind. Die restliche Flüssigkeit tropft bzw. fließt nach und nach aus dem Käse heraus und lässt ihn noch fester werden. Simone dreht ihn drei bis viermal in zeitlichen Abständen um. Er verliert dabei nochmals um mindestens 50 % an Höhe. Die entstehenden flachen, viereckigen Schafskäsegebilde schneidet sie später in kleine Würfel und legt sie dann in Öl ein. Das wars dann mit dem Herstellungsprozeß in der Käserei.

 

Es fängt leicht an zu regnen und die wärmenden Sonnenstrahlen vom Vormittag sind leider gänzlich verschwunden. Simone lädt uns ein, in ihrem bunt lackierten, etwas älteren VW-Bus samt ihrer Schwester und ihrer treuen Hündin namens Lynn  zu ihren Schafen ein paar Kilometer entfernt zu fahren. Klar kommen wir mit. Es ist kalt geworden. Wir erfahren, dass sie insgesamt 30 Ostfriesische Milchschafe und weitere 35 Lämmer besitzt. Diese Schafrasse ist die einzige, die als "Milchschaf" aus Deutschland kommt. Weitere findet man im Baskenland, in Österreich und Slowenien. Matthias fragt, was denn der Unterschied zwischen einem Lamm und einem Schaf ist bzw. wann ein Lamm zum Schaf wird: Mit einem Lächeln erklärt uns Simone, dass dies immer dann der Fall ist, wenn das Lamm ein Junges bekommen hat und Milch gibt oder es über neun Monate alt ist.

 

Nachdem wir in tiefgrünen Wiesen angekommen sind, sehen wir mittendrin auch schon den Melkstand - auf einem Traktoranhänger erbaut, um mit ihren Tieren mobil zu sein. Von flexiblen, mit Strom gesicherten Zäunen umgeben begrüßen uns 17 weiße, braunschwarze und gemischt-gefleckte Schafe mit nicht zu überhörenden Määääh-Rufen. Dazwischen zwei wunderschöne cremeweißfarbene große, schwanzwedelnde Hunde, die im ersten Moment wie Golden Retriever aussehen. Sind sie aber nicht. Wir lernen, dass es sich um Herdenschutzhunde und Pyrenäische Berghunde mit Namen Nelly und Luba handelt. Die kleinere schwarzweiße Lynn hingegen ist ein Hütehund, der die Schafsherde zusammenhält. Sie ist total aufgeregt, als sie die Schafe sieht. Simone meint zu ihrer besten Mitarbeiterin, "wenn´s keine Schafe mehr zu hüten gibt, dann sucht sie sich eben Hühner, Enten oder Katzen zum Hüten."

 

Schafe, die bis zu 80 kg schwer werden, können übrigens bis zu 10 Jahre alt werden. Dann werden sie bei Lederers geschlachtet und zu Rauchfleisch und Wurst verarbeitet. Daran darf man echt nicht denken, wenn man sie hier so lebendig und fröhlich sieht. Wir fassen ins inzwischen pitschnasse Schafsfell hinein und sind erstaunt, wie dick es tatsächlich ist. Es muß wohl total warm halten. Wieviele Pullover man wohl aus der Wolle pro Schaf stricken kann??!! Im Sechser-Pack laufen die drängelnden Schafe einen kleinen Laufsteg in den Melkwagen hoch und stecken ihre Köpfe zum Fressen in metallene Haltestangen hinein. So stehen sie dann da. Wir sehen von einer Seite nun die kauenden Köpfe und von der anderen Seite ihre nicht ganz sauberen Hinterteile. Darunter prall gefüllte, warme Euter, an denen nun die laut knatternde Melkmaschine angeschlossen wird. Wenn es nichts mehr an Milch zu holen gibt, geht auf der anderen Seite des Melkstandes ein kleines Türchen auf, und die Schafe stürmen zurück auf die Wiese. Um endlich wieder Gras fressen zu dürfen. Etwa 10 l Schafsmilch ergibt eine solche Melkung bei 17 Tieren. Und das Ganze passiert regelmäßig ein- bis zweimal am Tag - je nach Jahreszeit. Mehr oder weniger das gesamte Jahr (bis auf fünf Monate im Herbst/Winter) hindurch. Was für eine Arbeit! Das muß man echt wollen. Und Simone will es so. Man merkt ihr absolut ihre Begeisterung und ihren Elan an. Der Hammer!

 

 

Wirtschaftlich trägt sich das noch junge und im Aufbau befindliche Käseunternehmen noch nicht vollständig, aber Simone ist voller Engagement und guten Mutes. "Eines Tages wird das mein 100%-Job und dann läufts so richtig gut." sagt sie so ganz nebenbei. Wir glauben ihr und drücken ihr dazu ganz fest die Daumen. So lange hilft noch ihre gesamte Familie in ihrem Betrieb mit. Gute Freunde von ihr machen tolle Fotos zwecks Werbung und Marketing, basteln Logos und Texte für Broschüren und Webseiten.

Danke Simone, dass wir bei Dir sein durften. Es war ein wunderschönes Erlebnis. Wir haben jede Menge von Dir und deinen wollhaarigen tierischen Freunden gelernt. Viel Erfolg in der Zukunft und bleib´so wie Du bist bitte!

Und hier noch der Link zu ihrer echt gut designten Webseite www.oifach-kaesig.de. In Facebook findet Ihr sie bei www.facebook.com/oifachkaesig und Emails an Simone könnt Ihr schreiben an info@oifach-kaesig.de.

Tja und jetzt hin zu den leckeren Schafskäsetöpfchen von Simone und ordentlich eingekauft. Guten Appetit! Und gerne auch viel Reklame unter Euren Freunden dazu machen.

 


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